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Jubiläumsausstellung "Die Bibel in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts"


auf der Burg Schönfels am 5. Mai 2010 unter der Schirmherrschaft des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich


Sendung von TV Zwickau am 7. Mai 2010

Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Ministerpräsident Tillich wird von der Museumsleiterin Ina Schumann und Dr. Michael Luther (MdB) begrüßt. Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Ministerpräsident Tillich wird von der Museumsleiterin Ina Schumann und Dr. Michael Luther (MdB) begrüßt. Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Künstler Johannes Feige Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Adelheid Hahn (Witwe des Bürgermeisters Hahn) und ihr Sohn Martin Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -  80 geladene Gäste Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -  80 geladene Gäste Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -  80 geladene Gäste Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -  80 geladene Gäste Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Renate Käbisch, Ministerpräsident, Rechtsanwalt Sebastian Franck, Dr. Edmund Käbisch Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - vom Arbeitskreis Winfried Heber (Mitte) Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Die beiden Geschwister Dominik und Jonathan Hofmann Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Renate Käbisch übergibt dem Ministerpräsidenten ihre Komposition "20 Jahre friedliche Revolution" Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Burg Schönfels mit Dr. Georg Effenberger Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -

Festakt


Grußwort des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich


Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich

Fotos: Christian Siegel

Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich

Fotos: Christian Siegel


Die Ausstellung „Die Bibel in den beiden deutschen Diktaturen“ begleitet mich schon eine ganze Weile. Ich erinnere mich noch gut daran, dass es vor knapp zwei Jahren eine Präsentation auf dem Landesparteitag der CDU in Zwickau gab. Und als Sie, Herr Dr. Käbisch, mich dann letztes Jahr angesprochen haben, zur Jubiläumsausstellung hierher zu kommen, habe ich gerne zugesagt.

Warum? Weil es nicht nur um Glaubensbekenntnisse geht, sondern um Glaubenszeugnis durch christliches Handeln. Um christliches Handeln von ganz konkreten Menschen, das auf bestimmten Werten beruht, auf Werten, die viele heute nicht mehr so hoch schätzen, die aber die Grundlage unserer Demokratie sind: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Wir Christen leiten diese Werte aus der Bibel und unserem christlichen Gottes- und Menschenbild ab. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sind aber zugleich universale Werte. Als solche sind sie zum Beispiel in der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen verankert. Universale Werte heißt: jeder aufgeklärte Mensch wird sie nicht nur aus Glaubensüberzeugung, sondern auch aus Vernunftgründen für richtig und gut halten, ob Christ, Jude, Muslim, Buddhist oder Atheist.

Deutsche haben im 20. Jahrhundert zwei Diktaturen errichtet, in denen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nichts galten, ja, im Gegenteil Unfreiheit, Ungleichheit und Hass auf Andersdenkende herrschten. Viele Millionen Menschen haben unter der Durchsetzung der nationalsozialistischen und der kommunistischen Ideologie schwer gelitten: Sie haben ihr Lebensglück verloren, ihre Gesundheit, ihre Freiheit und sogar ihr Leben. Manchen verfolgt das Trauma dieser Repressalien bis heute.

Die Ausstellung erzählt Geschichten von Menschen, die sich dafür entschieden haben, gegen diese Diktaturen Widerstand zu leisten. Symbolisch dafür steht die mit Stacheldraht umwundene Kerze. Die Christen, von denen die Ausstellung erzählt, haben aus ihrem Glauben und Verständnis der Bibel heraus nach einem Wort von Dietrich Bonhoeffer gehandelt: „Man muss sich nicht nur um jene kümmern, die unters Rad gefallen sind. Man muss auch dem Rad in die Speichen greifen.“

Wenn wir zum Beispiel am 27. Januar der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedenken, dann erinnern wir zugleich an all jene, die Widerstand geleistet haben, die versucht haben, nicht nur ihrer Kirche treu zu sein, sondern auch den Verfolgten zu helfen oder den Diktator Hitler zu töten. Die Friedliche Revolution von 1989/90 ist als eine protestantische bezeichnet worden, weil zu den Organisatoren und Demonstranten der ersten Stunde so viele Pfarrer gehörten. Die Ausstellung erinnert aber auch an die Vorläufer der Friedlichen Revolution, zum Beispiel an das Königswalder Friedensseminar und die Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“.

In beiden Diktaturen haben Christen in der Bibel Trost, Zuspruch, Bestärkung und Ermutigung für ihr Handeln gefunden. Der Abschnitt über Bibeln in Gefängnissen der DDR zeigt das exemplarisch.

Natürlich ist die Bibel keine Handlungsanleitung für das, was wir in konkreten Situationen tun müssen. Aber sie formuliert – auch für uns heute – klare Leitlinien, ob nun in den Büchern Mose, die zum Beispiel zum Thema Armenfürsorge oder Wucher etwas zu sagen haben, oder in den Evangelien, die ganz klar das Gebot der Nächstenliebe in den Mittelpunkt stellen.

Wer die Bibel liest und Jesus nachfolgt, der versucht, sich gegen Ungerechtigkeit im Kleinen und Großen zu wenden. Wer in aller Konsequenz nach der Bibel lebt, der wurde zum Beispiel im 3. Reich nicht Mitglied der Deutschen Christen, sondern der Bekennenden Kirche. Und hat in der DDR darauf bestanden, dass er selbstverständlich als Christ seinen Platz in der Gesellschaft haben darf. Nicht jeder Christ hatte dazu die Kraft. Mancher hat sich gefürchtet wie Petrus, hat in erster Linie daran gedacht, was es für seine Familie und Freunde heißt, wenn er mit letzter Konsequenz die Konfrontation mit dem Regime sucht.

Wir sehen in denen, die ihre christliche Überzeugung konsequent gelebt haben, heute Vorbilder. Nicht, weil wir mit der erneuten Errichtung einer Diktatur in Deutschland zu rechnen hätten, gegen die wir uns moralisch wappnen müssten, sondern weil wir auch in unserer demokratisch verfassten Gesellschaft immer wieder mit Bezug auf unsere Grundwerte Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ethische Entscheidungen treffen müssen:

Wie viel Freiheit darf ich mir nehmen? Wo ist die Grenze, wo ist die Freiheit anderer tangiert? Und: Kann ich meine freiheitlichen Entscheidungen auch gegenüber den anderen, gegenüber dem Gemeinwohl verantworten? Das Gleichheitsprinzip verlangt von uns als Demokraten, jedem Mitbürger als Gleichem gegenüber zu treten, dem Millionär genauso wie dem Obdachlosen. Tun wir das? Oder sind wir nicht oft versucht, uns über andere zu stellen, uns in den Worten Orwells für gleicher als andere zu halten? Und was die Brüderlichkeit betrifft: Tun wir immer das uns Mögliche, das Leid in der Welt zu lindern?

Dass es wichtig ist, in solchen Fragen Orientierung zu gewinnen, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass ein Teil der Ausstellung von Gymnasiasten erarbeitet worden ist. Sie haben dabei nicht nur ein Stück Geschichte erforscht, sondern vor allem etwas über Ethik und Moral gelernt, über das Leben aus dem Glauben, über wahrhaftiges Handeln und die Suche nach der Wahrheit.

Und darauf kommt es an. Auch unser Zusammenleben heute und in Zukunft setzt Werte und ethische Einstellungen voraus, die dieses Zusammenleben zu einem gedeihlichen machen. Wahrhaftigkeit gehört dazu.

Die Bedeutung der Kirchen in unserer Gesellschaft schwindet, quantitativ betrachtet, nicht zuletzt aus demographischen Gründen: Die Kirchgemeinden sind von der Schrumpfung der Bevölkerung genauso betroffen wie die politischen Gemeinden. Aber es sind kaum andere Institutionen oder besser gesagt Gemeinschaften in Sicht, die eine ähnliche Prägekraft in moralischen Fragen entfalten wie die Kirchen. In westdeutschen Städten mag das zunehmend der Islam sein. Aber wie ist das in Sachsen, wo drei Viertel der Bevölkerung nicht religiös, jedenfalls nicht Mitglied einer religiösen Gemeinschaft sind? Natürlich gibt es auch von atheistischer Seite Bemühungen, ethische Regeln aufzustellen, die ohne religiöse Begründung auskommen. Aber welche Kraft entfalten sie, wie stark können sie in die Gesellschaft hineinwirken? Die Jugendweihe allein ist ein Symbol, eine nette Erinnerung für die jungen Leute, aber kaum prägend fürs Leben, anders als der Konfirmanden- und Kommunionsunterricht.

Klar ist auch: Viele Menschen, die laut Statistik nicht religiös gebunden sind, sind auf der Suche nach Spiritualität. Auch sie wollen in einer starken Gemeinschaft leben, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit erfahren. Vielleicht ist das für die Kirchen eine Chance, ihnen bisher fern Stehende für sich zu gewinnen. Mancher hat durch die Bibel zum Glauben gefunden. Vielleicht auch durch diese Ausstellung?

Seit 2002 war die Ausstellung an 50 Orten in ganz Deutschland zu sehen. Sie hat öffentliche Diskussionen ausgelöst und eine beachtliche Resonanz erfahren. Nun kehrt sie an ihren Ursprung zurück, um neue Aspekte, Geschichten und Erkenntnisse bereichert.

Dahinter steckt ein außerordentliches ehrenamtliches Engagement. Viele Menschen haben viel Zeit, Kraft, Ideen und auch Geld in diese Ausstellung gesteckt. Sehr geehrter Herr Dr. Käbisch, sie selber haben sich nicht nur zu DDR-Zeiten als Christ und Pfarrer aufgebäumt, sondern auch jetzt mit dieser von Ihnen initiierten Ausstellung. Sie wollen keine Rache, sondern Aufklärung im Geiste der Wahrhaftigkeit. „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, hat Ingeborg Bachmann geschrieben. An der Kontroverse um die Ausstellung kann man erkennen, dass das offenbar nicht auf jeden zutrifft. Mancher will sich die schändliche Wahrheit über sein Handeln in Zeiten der Diktatur nicht eingestehen und möchte jegliche Aufklärung über diese Verstrickung verhindern. Sie haben dabei, sehr geehrter Herr Pfarrer Käbisch, den Rechtsstaat auf Ihrer Seite. Und das ist gut so. Denn wir dürfen, mit Solschenizyn gesprochen, nicht erneut in der Lüge leben. Wahrhaftigkeit ist nicht nur eine christliche, sondern auch eine demokratische Tugend.

Ich danke deshalb allen, die sich für diese bemerkenswerte Ausstellung einsetzen, sehr herzlich. Denn nur mit solchem Einsatz, mit öffentlichem Eintreten für Werte, mit der Übernahme von Verantwortung kann unsere Demokratie funktionieren.



Vortrag zur Geschichte der Ausstellung von Dr. Georg Effenberger


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Tillich, sehr geehrte Damen und Herren!

Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Dr. Georg Effenberger während seines Vortrages

Dr. Georg Effenberger während seines Vortrages

Im Namen des Arbeitskreises Bibelausstellung Zwickau begrüße ich Sie herzlich zur Eröffnung unserer Ausstellung, die wir unter das Motto gestellt haben: „Zur Zukunft gehört die Erinnerung. - Die Bibel in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts“. Unser Dank gilt allen, die uns in den vergangenen Jahren in vielfältiger Weise unterstützt und diese Jubiläumsausstellung ermöglicht haben. Wir haben eine Tafel gestaltet, auf der wir hoffentlich alle genannt haben. Besonders sei hier dem Landratsamt Werdau, Zwickau für die kontinuierliche Unterstützung gedankt. Erste Gedanken für eine Bibelausstellung gab es bereits im Jahre 2001 beim damaligen Burgleiter Peter Köhler, der bei dem bekennenden Christen und leidenschaftlichen Bibelsammler Bürgermeister der Gemeinde Lichtentanne, Siegfried Hahn, schnell einen Verbündeten fand. Gemeinsam mit dem ehemaligen Dompfarrer Dr. Edmund Käbisch wurde ein Arbeitskreis gebildet, der die erste Ausstellung für die Zeit vom 8. September bis 17. November 2002 unter dem Titel „ Die Bibel in unserer Region“ vorbereitete. Der Arbeitskreis bestand aus Pfarrern, Künstlern, Handwerkern, Christen und Konfessionslosen; auf dem Gebiet der Gestaltung von Ausstellungen durchweg ehrenamtliche Laien. Auch die Ratsschulbibliothek mit ihrem großen Fundus und ihrem Leiter Dr. Mahnke standen uns zur Seite. Es stand fest, dass in der Ausstellung nicht nur das Buch „Bibel“ als Exponat gezeigt werden sollte, sondern wie die Menschen in vielen Lebenslagen mit der Bibel verbunden waren. Ein Aufruf an die Bevölkerung, solche Exemplare zur Verfügung zu stellen, hatte ein lebhaftes Echo ausgelöst. Die Ausstellung wurde ein großer Erfolg, es kamen so viele Besucher auf die Burg Schönfels wie selten zuvor zu einer Ausstellung, aber die zur Verfügung stehende Zeit war schnell abgelaufen. Der Arbeitskreis stand vor der Entscheidung, die Ausstellung aufzulösen, oder im Jahr der Bibel 2003 eine Wanderausstellung zu gestalten. Der Inhalt der Ausstellung und ihr Name wurden verändert und an die Bedingungen einer Wanderausstellung angepasst; dazu gehörten Transport- und Ausstellungsmöglichkeiten unter ständig wechselnden Bedingungen, Versicherungs- und andere Kostenfragen. Sogar eigene Aufsteller wurden gebaut. Die Ausstellung hatte nun den Titel „Die Bibel in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts“.

Im Jahre 2002 erhielt der Arbeitskreis finanzielle Unterstützung durch die evangelisch-lutherische Landeskirche und das katholische Bischofsordinariat. Die Unterstützung durch die evangelisch-lutherische Landeskirche wurde bald unterbunden, da das Landeskirchenamt einige der dargestellten Zusammenhänge anders beurteilt und die bekannten Fakten anders bewertet. Die erste Ausstellung war im Dom in Zwickau vorgesehen. Sie kam auf Grund der Haltung der Kirchenleitung nicht zustande, konnte aber im nur wenige Meter entfernten Landgericht sehr erfolgreich gezeigt werden. Landgerichtspräsident Kränzlein lud uns ein, die Ausstellung in seiner Heimatstadt Gößweinstein/Oberfranken zu zeigen.

Bei den Recherchen zur Ausstellung wurde in der Zwickauer Ratsschulbibliothek die Zwickauer Thora entdeckt, die in der Pogromnacht 1938 nicht verbrannt, sondern gerettet wurde. Sie konnte als ein Höhepunkt unserer Arbeit im Jahre 2003 der jüdischen Gemeinde Chemnitz übergeben werden. Die Schirmherrschaft über die Ausstellung hatte die Kirchgemeinde Weißbach mit Pfarrer Naumann übernommen. Später übernahm diese Aufgabe der Heimatverein Lichtentanne e. V. Im Jahr der Bibel 2003 wurde die Ausstellung an zehn verschiedenen Orten gezeigt. Während der Ausstellung in der Herrnhuter Brüdergemeine erließ das Evangelisch-Lutherische Landeskirchenamt Sachsens am 16. Juli 2004 eine Erklärung, in der es sich von dem Inhalt der Ausstellung distanzierte.

Dr. Käbisch war Religionslehrer an den Zwickauer Gymnasien Gerhart Hauptmann und Clara Wieck. Bei Projekttagen unter dem Motto „Zur Zukunft gehört die Erinnerung“ setzten sich die Schüler mit der Diktatur auseinander und gestalteten eine Ausstellung „Christliches Handeln in der DDR“. Christen in der Region Zwickau bewiesen Mut und Zivilcourage, auch wenn sie Repressalien erdulden mussten. 2006 wurde diese Ausstellung vom Arbeitskreis übernommen. Insgesamt konnte die Ausstellung, die ständig überarbeitet und oftmals auch mit ihren Themen an den Ausstellungsort angepasst wurde, an 50 Orten in 9 Bundesländern in Ost und West mit großem Erfolg gezeigt werden. Nicht immer war der Inhalt der Ausstellung unumstritten. Bei der Ausstellung in Reichenbach erwirkte ein ehemaliger Stasispitzel beim Landgericht Zwickau eine einstweilige Verfügung, dass bei Strafandrohung sein Name nicht mehr genannt werden durfte. Auf den Arbeitskreis kamen schwere finanzielle Belastungen zu. Von vielen Seiten kamen Solidaritätserklärungen. Aktive Hilfe erreichte uns durch den Spendenaufruf der CDU Zwickau vom 19. März 2008, durch den die Prozesskosten bestritten werden konnten. Herzlichen Dank an dieser Stelle an Dr. Michael Luther, Frank Seidel und Michael Starke. Der Reichenbacher Oberbürgermeister, Dieter Kießling, ließ die Ausstellung nach der Urteilsverkündung wieder aufbauen. IM Schubert hatte wohl nicht beabsichtigt, dass durch sein Vorgehen die Ausstellung in ganz Deutschland bekannt wurde. Kostenlose Werbung für uns. In einem weiteren Prozeß wurde entschieden, dass der Name von IM Schubert im öffentlichen Interesse der freien Meinungsäußerung auch weiterhin genannt werden darf. Aber auch die evangelische Landeskirche war mit der Offenlegung von Stasiverbindungen von Mitgliedern der Kirchenleitung nicht einverstanden und ging gegen die Ausstellung vor, wie bereits ausgeführt.

Ein besonderer Höhepunkt war für mich der Besuch in der Zivildienstschule Holzen/Ith im Oktober 2008. Neben der Ausstellung hielten Dr. Käbisch und ich Vorträge und Seminare vor ca. 200 Jugendlichen, die nicht viel über die beiden Diktaturen wussten, aber mit sehr vielen Fragen ihr großes Interesse zeigten. Die vorgesehene Zeit reichte nicht aus.

Die Ausstellung ist nun an ihren Ursprungsort zurückgekehrt.

Dank der fachlichen Kompetenz der Museumsleiterin Frau Ina Schumann und ihrer Mitarbeiter hat sich die Qualität der Ausstellung hier auf der Burg Schönfels erheblich verbessert. Sie wurde überarbeitet und gestrafft. Man darf den Aufwand dabei nicht unterschätzen, denn man kann sich vorstellen, dass so manche Tafel auch unter dem häufigen Transport gelitten hat. Begleitend zur Ausstellung werden Werke der Künstler Christian Siegel, Berthold Dietz und Johannes Feige gezeigt, die sich mit Themen der Bibel auseinandersetzen. Mit der Ausstellung wollen wir besonders auch die Jugend erreichen und aufklären, damit die Geschichte von Zwang, Demütigung und Schikanen nicht zugedeckt wird. Richard von Weizsäcker sagte einmal: „Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckung.“

Die ehemaligen Oberschüler haben selbst einen Beitrag geleistet. Jonathan Hofmann vom Gerhart Hauptmann Gymnasium wird uns eine besondere Lernleistung vorstellen, die sich mit dem Thema „Jugendweihe kontra Konfirmation“ befasst. Ich hoffe, dass sie sich mit Interesse und Neugier unsere Ausstellung ansehen werden und danke für ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Georg Effenberger



Vortrag "Jugendweihe kontra Konfirmation" von Jonathan Hofmann
(ehemaliger Schüler des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums Zwickau)


Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Er stellte seine Besondere Lernleistung (BELL) „Jugendweihe kontra Konfirmation“ vor.

Er stellte seine Besondere Lernleistung (BELL) „Jugendweihe kontra Konfirmation“ vor.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, werte Gäste,

Herr Dr. Käbisch hat mich gebeten, über eine Tafel der Ausstellung zu sprechen, weil sie im Kontext der Ausstellung eine besondere Bedeutung hat – nämlich – wie es schon ertönte, sie handelt von der Verdrängung der Konfirmation durch die Jugendweihe in der frühen DDR. Es ist eines der dunkelsten, aber auch eines der interessantesten Kapitel dieser Epoche und weil`s ja eben für die Ausstellung als eine der einführenden Tafeln zu diesem Thema – eben am Anfang der DDR – eine besondere Bedeutung besitzt, möchte ich dazu einige wenige Worte sagen. Ich versuche es wirklich so kurz wie möglich zu machen.

Vorweg muss erst eins gesagt werden: Die Jugendweihe an sich ist keine Erfindung der DDR, sondern sie fußt im proletarischen Bemühen des 19. Jahrhunderts und sie hatte sich endgültig durchgesetzt in der Weimarer Republik. Sie hatte also eher sozialdemokratischen Charakter denn sozialistischen Charakter. Und in der Aufbruchstimmung von 1949 waren das „alte Zöpfe“, die es galt abzuschneiden. Also etablierte die SED im Jahr 1949 die sogenannte sozialistische Feierstunde. Man hat dann zu dieser Zeit drei unterschiedliche Modelle, die nebeneinander standen, nämlich die Konfirmation, die Jugendweihe und eben diese sogenannte sozialistische Feierstunde.

Die Teilnehmerzahlen der sozialistischen Feierstunde lagen aber weit hinter den Erwartungen zurück, was sich die SED vorgestellt hatte. Was tat man? Zum Jahr 1950 wurde die Jugendweihe verboten. Der Grund liegt auf der Hand: Zum einen wollte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Kirchen frontal angehen, auf der anderen Seite wollte man sich aber eines alternativen Modells entledigen, so dass in der Hoffnung gesehen, die Teilnehmerzahlen für die sozialistische Feierstunde zum Jahr 1950 signifikant steigen würden. Das taten sie zwar aber nicht in diesem Maße, wie man sich das vorstellte. Man erhöhte weiterhin den Druck auf die Kirchen und hier auch insbesondere auf die Junge Gemeinde. Und diese immer radikaler werdende Politik der SED führte innerhalb der Bevölkerung zu einem großen Unmut. Ich darf nur an den Aufstand von 1953 erinnern, der unter anderem auch auf diesen Ursachen fußte. Eine der Erkenntnisse aus dem Aufstand von 1953 war nun die Lehre - aha - man konnte nicht frontal die Kirchen bekämpfen. Also was musste man machen? Man wählte einen subtileren Weg, um den Einfluss der Kirchen zu minimieren. Man entschloss sich, die Kirchen von ihren Mitgliedern zu isolieren, ihren Zustrom abzuschneiden und die perfekte Zielgruppe, um diesen Plan in die Tat umzusetzen, das war eben die Jugend. Also was tat man? Zum Jahr 1954 wurde wieder die Jugendweihe eingeführt, zu Gunsten eben der sozialistischen Feierstunde, die sich sowieso niemals wirklich durchsetzen konnte.

Also hatte man jetzt wieder zwei Modelle: die Jugendweihe und die Konfirmation – wie gehabt. Die Kirchen ihrerseits reagierten erst einmal gelassen darauf. Sie waren zwar nicht besonders angetan, aber haben gesagt: O.K., liebe Gemeinde, ihr könnt das tun, ihr könnt zur Jugendweihe gehen, dann allerdings mit der Konsequenz, dass ihr nicht am Abendmahl teilnehmen dürft. Es gab disziplinarische Maßnahmen, die in der Folge einen Ausschluss von der Konfirmation zur Folge hatten. Auch das muss gesagt sein. Also hielt sich der Zuspruch – zwar bei deutlich steigender Tendenz – aber im Gesamtmaße immer noch nicht in diesem Niveau, wie sich das die SED vorstellte und so kam es dann letztendlich 1957/1958 im Kampf zwischen Jugendweihe und Konfirmation zur endgültigen Zäsur. Nämlich diese Zäsur sah so aus, dass in den Jahren 1957/1958 die Lehrstellenvergabe mit der erfolgreichen Teilnahme an der Jugendweihe gekoppelt war. Das bedeutet, die erfolgreiche berufliche Entwicklung eines jungen Menschen hing davon ab, ob er an der Jugendweihe teilnahm oder nicht (mal abgesehen vom Fach Theologie, aber das war eine Sonderstellung). Die persönliche Karriere hing von der Teilnahme an der Jugendweihe ab. Damit hatte die Jugendweihe nicht mehr nur einen reinen Bekenntnischarakter, sondern sie hatte unmittelbar für die weitere berufliche Entwicklung - die Zukunft an sich - die Weiterentwicklung des Menschen eine signifikante Bedeutung. Und da an diesem Punkt konnte die Kirche ihren Einfluss nicht mehr geltend machen. Da konnte man religiös sein und wirklich an Gott glauben, aber wenn es um die einfache Zukunft geht, dann entschließt man sich wirklich: Ich gehe zur Jugendweihe. Und ab diesem Punkt (ist auch in den Statistiken belegt) war die Zäsur zu verzeichnen. Im Jahr 1950 waren es noch 85 % Teilnehmer an der Konfirmation. Jedoch innerhalb weniger Jahre – in den Jahren 1960 bis 1962 - hat sich dieses Niveau auf ungefähr 15 % reduziert. Und sie können unten, wenn sie am Eingang stehen, dann diese Statistik an der Hängefahne betrachten. Sie ist dort mit abgebildet. Sie können sehen, bis in unsere heutige Zeit hinein, hält sich dieses Niveau der Konfirmation ungefähr bei 15…14 % (auch aus demografischen Gründen), aber ungefähr bleibt diese Zahl konstant. Zusammenfassend sei also gesagt: Die Folgen dieser langfristig angelegten Strategie der SED-Diktatur sind bis heute sichtbar. Auf das wirklich massive Drängen der SED-Machthaber, die Teilnahme an der Jugendweihe mit der beruflichen Zukunft in Verbindung zu setzen, hat dazu geführt, dass die Konfessionslosigkeit innerhalb der neuen Bundesländer wesentlich stärker ausgeprägt ist, als in den alten Bundesländern. Hier ist eigentlich die Ursache der ganzen weiteren Entwicklung zu sehen. Das sollten sie im Hinterkopf behalten.

Und das möchte ich eigentlich sagen, zur Zukunft gehört auch diese Erinnerung. Es ist ein Stück Erinnerung, welches auch im Rahmen einer solchen Bibelausstellung unbedingt gewürdigt und erwähnt werden muss.

Meinen herzlichsten Dank fürs Zuhören



Begrüßung vom Landrat Dr. Christoph Scheurer


Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - Begrüßung vom Landrat Dr. Christoph Scheurer

Übergabe der Solidaritäts-Spendengelder der CDU an die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) durch MdB Dr. Michael Luther - die Summe betrug 2.596,09 Euro.


Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung - MdB Dr. Michael Luther

MdB Dr. Michael Luther

Dr. Käbisch - Jubiläumsausstellung -r. Michael Luther (rechts), Bundesvorsitzender der VOS Johannes Rinck, Thomas Starke, Dr. Edmund Käbisch

Dr. Michael Luther (rechts), Bundesvorsitzender der VOS Johannes Rinck, Thomas Starke, Dr. Edmund Käbisch


Die Besucher erhielten eine Dokumentation zum Gerichtsprozess des IM "Schubert"